Foto: Die Sieben auf der „Wadai“, sitzend Anni Bruce, Regina Bruce, Lisa Bruce,
vor ihrer Überfahrt in den Togo am 31.10.1926.
Zur Verfügung gestellt vom © Staatsarchiv Bremen, StAB 7.1025-Fotos-1663
Regina Bruce
Der Händler John Carl Bruce, oder John Calvert Nayo Bruce, wurde am 3. März 1859 in Klein-Popo im deutschen Schutzgebiet Togo als Sohn des Prinzen Amuzu Djaglidjagli Bruce oder Chemsky Bruce geboren. Am 1. Mai 1896 traf Nayo Bruce erstmals in Deutschland, zu einer, ursprünglich als Weltausstellung geplanten, Völkerschau in Berlin ein. Beim zweiten Aufenthalt 1898 begann er als Showunternehmer mit seiner Togotruppe eine Europatournee auf eigene Rechnung.
Eines der Gastspiele fand vom 7. – 21.12.1900 in Elberfeld, heute ein Stadtteil Wuppertals, im Eden-Theater statt, dem heutigen Rex. Dort wurde am 12.12.1900 von Dassi Creppy, einer seiner vier Frauen, die kleine Regina geboren. Im Geburtenregister der Stadt Wuppertal lautet der Eintrag u.a.: Regina Philimena Bruce, geboren Kipdorfstr. 61 (Anmerkung: jetzige Hausnummer 29), Mutter: Dahi Bruce, geborene Confert, angezeigt und unterschrieben von der Hebamme Caroline Schöpp.
Zusammen mit ihrem Halbbruder Pietro wuchs sie in der Familie von Baron George von Fircks in Warnemünde und Riga auf. Sie besuchte die höhere Töchterschule und übernahm nach einer Ausbildung bei den Diakonissen in Hamburg mit 20 Jahren zusammen mit ihrer Freundin Hanna die Leitung des evangelischen Kinderheims Sonnenschein in Gross-Borstel bei Hamburg.
In Hamburg hatte Regina auch Kontakt zu anderen schwarzen Menschen. Sie unterstützten sich gegenseitig und tauschten sich über den zunehmenden Rassismus nach dem ersten Weltkrieg aus.
Regina, ihre Schwester Lisa sowie ihre Halbschwester Annie, die beide im christlichen Kinderheim der Graf-Recke-Stiftung in Düsseldorf aufgewachsen waren, wurden 1926 nach Togoland, so hieß der Togo damals, geschickt, um für die Mission ein Mädchenschulheim zu leiten. Davor mussten sie noch einen Intensivkurs Französisch absolvieren und auch das Erlernen von Ewe, der Landessprache im Togo, stand auf dem Programm, aber aus Zeitgründen fiel beides kürzer aus, als ursprünglich geplant. Dadurch wurde es für die Schwestern erheblich erschwert, sich in Lomé einzugewöhnen. Alle drei Schwestern hatten Heimweh und wollten zurück nach Deutschland.
Regina wurde 1928 schwanger. Der Vater war Jonathan Savi de Tové, der bereits verheiratet war und drei kleine Kinder hatte. Damit konnte Regina nicht mehr an der christlichen Mädchenschule unterrichten. Im Frauenmissionsverein Hamburg war man ob des Fehltrittes schockiert. Am 19.9.1928 brachte Regina in Keta (Togo) Fernanda zur Welt. Jonathan hatte sich scheiden lassen und die beiden hatten geheiratet. Regina bekam noch vier weitere Kinder, die sie praktisch allein großzog, da ihr Mann sehr beschäftigt war. Zuerst übernahm er die Druckerei seines Vaters, wo die Zeitung der späteren Unabhängigkeitsbewegung des Togo erschien. Von 1947 – 1953 vertrat er die Interessen der Bevölkerung von Togo in der Assemblée de l´Union Française. Er war als Mitbegründer und Generalsekretär der Befreiungsbewegungspartei CUT an der Unabhängigkeit Togos 1960 maßgeblich beteiligt. Zuerst war er Parlamentsvorsitzender, dann zusätzlich Sonderbevollmächtigter seines Landes in Bonn. Nach einem Putsch 1963 fand er in Bonn Asyl und eine Anstellung als Ewe-Lektor an der Universität zu Köln. Regina und Jonathan zogen in eine kleine Wohnung am Neptunplatz in Köln-Ehrenfeld.
Regina gehörte nach der Unabhängigkeit zur neuen Elite und wurde Vorsitzende des Roten Kreuzes. Wegen verstärkter Einsätze des Roten Kreuzes im Togo wurde sie dort dringend gebraucht und reiste oft dorthin.
Als Präsidentin des Roten Kreuzes von Togo gehörte Regina Bruce zu den Ehrengästen beim deutschen Staatsbesuch vom 4. und 5. März 1966 in Lomé.
Foto mit Wilhelmine Lübke, der Frau des deutschen Bundespräsidenten.
Fotografie: Regina Grisar, mit freundlicher Genehmigung von Regina Martens
1968 kehrten die beiden nach Togo zurück, Jonathan verstarb 1971 in Lomé. Regina führte in Lomé ein offenes Haus mit zahlreichen europäischen Gästen.
Ihre Großnichte Regina Martens, die Enkelin des Halbbruders Kwassi Bruce , ging auf Spurensuche ihrer Familie. 1986 reiste sie dazu nach Lomé. Zu dieser Zeit lebte Regina Bruce bereits bei ihrer Tochter Isabelle und deren Ehemann Dennis, der als Gynäkologe eine Privatklinik leitete.
Foto: Regina Martens und Regina Bruce 1986 in Lomé, zur Verfügung gestellt von Regina Martens
Regina Bruce verstarb am 21.9.1991 in Lomé.
Text: Dr. Eva Waldschütz
Hermann Schulz begegnete Therese/Regina 1977 zufällig in einem Supermarkt im Togo. Sie erzählte ihm ausführlich ihre Lebensgeschichte und aus diesem Stoff entstand der Roman „Therese. Das Mädchen, das mit Krokodilen spielte“.
Anmerkungen zum Roman von Hermann Schulz
„Therese. Das Mädchen, das mit Krokodilen spielte“ Reihe Hanser 2021, 3. Auflage 2022
Am 12.12.1900 wurde Therese/ Regina in Elberfeld geboren.
Ihr Vater war Prinz Nayo Bruce, Chef der einzigen Völkerschau-Truppe aus der damaligen deutschen Kolonie Togo. Bruce reiste, obwohl protestantisch getauft, mit vier Ehefrauen. Die Geschichte dieser Truppe, auch Einzelheiten aus dem Leben von Therese/ Regina ist nachzulesen in dem ausgezeichneten o.g. Buch von Rea Brändle. (Siehe auch „Kölnische Zeitung vom 11.10.1896“. Ein Interview mit Nayo Bruce) Therese (auch Regina), die der Autor unter diesem Namen in Lomé kennenlernte, reiste in ihre Heimat Togo und heiratete den Wissenschaftler Jonathan Savi de Tovè, den späteren Botschafter Togos in Bonn. Die Eheleute hatten fünf Kinder: Fernanda, Guido, Héctor, Isabelle und Jean-Lucien. Ein Foto in dem genannten Buch von Rea Brändle (Seite 187) zeigt Therese/Regina gemeinsam mit der Frau des damaligen Bundespräsidenten, Wilhelmine Lübke; Therese/ Regina war Präsidentin des Roten Kreuzes von Togo. Ihre Mutter war Dassi Creppy, geboren 1880 in Accra. Das Rätsel, warum der Autor Therese in Togo unter diesem Namen kennenlernte, konnte auch mit Hilfe der Familie nicht geklärt werden.
Der Roman folgt den Stationen des Lebens von Therese/Regina: die literarische Darstellung erforderte allerdings einige Passagen, „wie es gewesen sein könnte“. (H. Sch.)
Therese / Regina starb am 21. September 1991 in Lomé. Bis zu ihrem Tod erhielt sie vom Autor auf ihren Wunsch hin den „Neukirchner Abreißkalender“.
Text: Hermann Schulz
Quellen:
Rea Brändle: Nayo Bruce, Geschichte einer afrikanischen Familie in Europa, 2007 Chronos Verlag Zürich
Jörg Bürgi: Der Berufsneger Nayo, 2007 Nayo Bruce (juerg-buergi.ch)
Merle Bode: Map (dekoloniale.de)
Stand: 16.07.24