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Rita Süssmuth
Frau Prof. Dr. Rita Süssmuth, geb. 17.2.1937, Bundestagspräsidentin von 1988 bis 1998, Mitglied der CDU und dort langjährige Vorsitzende der Frauenunion, auch seit ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag 2002 noch in vielen Gremien tätig.
Rita Kickuth wurde am 17.2.1937 in Wuppertal geboren und verbrachte ihre Jugend in Wadersloh, einer Gemeinde im südöstlichen Teil des Kreises Warendorf in Westfalen. Sie war die zweitälteste von fünf Geschwistern. Ihr Vater Karl war Lehrer, Mitglied der CDU und zur Zeit ihrer Geburt Rektor einer Wuppertaler Volksschule. Das väterliche Wohnhaus befand sich in der Wichlinghauser Str. 53 im Stadtteil Wuppertal Barmen und ist wohl im Krieg abgebrannt. Die Mutter Hedwig, geb. Bischoff, arbeitete im elterlichen Uhren- und Schmuckgeschäft, Steinweg 14. Ihr Elternhaus beschreibt sie als musisch und stark religiös geprägt, was sie für sich in der doch belasteten Kindheit als sehr stützend erlebte. Die Mutter erkrankte mehrmals schwer und der Vater wurde 1939 eingezogen. Viele Situationen hätte sie ohne die Bindung an den Glauben gar nicht durchgestanden, so äusserte sie sich in einem Gespräch im Bayrischen Rundfunk 2001.
Nach dem Abitur 1956 begann sie ein Studium der Romanistik, Geschichte und Pädagogik und schloss es 1961 mit dem Staatsexamen für Lehramt in Münster ab. Es folgte ein Postgraduiertenstudium und die Ausarbeitung ihrer Dissertation. 1964 promovierte sie und heiratete den Historiker Dr. Hans Süssmuth. Danach arbeitete sie als wissenschaftliche Assistentin an den Hochschulen Osnabrück, Stuttgart, Westfalen-Lippe und Ruhr. Tochter Claudia kam 1967 zur Welt. Von 1969 – 82 hatte sie einen Lehrauftrag als Professorin an der Bochumer Universität.
Ursprünglich war es nicht Teil ihrer Lebensplanung gewesen, in die Politik zu gehen, aber sie engagierte sich vielseitig gesellschaftspolitisch. Seit 1971 war sie u.a. Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat für Familienfragen des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit. 1977 arbeitete sie in der Sachverständigenkommission für den dritten Familienbericht der Bundesregierung mit und von 1979 bis 1991 gehörte sie dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken an. Als Vizepräsidentin arbeitete sie von 1980 bis 1985 im Vorstand des Familienbundes der Deutschen Katholiken mit.
1981, mit 44 Jahren, trat sie in die CDU ein. 1982 wurde Rita Süssmuth die erste Direktorin des Forschungsinstituts „Frau und Gesellschaft“ in Hannover. Trotz anfänglicher Bedenken löste sie 1985 Heiner Geißler als Bundesfamilienminister ab und die unter ihm erarbeiteten Gesetze zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurden verabschiedet. Alle Mütter und Väter bekommen erstmals Anspruch auf Erziehungsgeld und Kindererziehungszeiten (Babyjahr) werden in der Rentenversicherung angerechnet.
Von Anfang an setzte sie sich für die Belange der Frauen ein. In der Gesundheitspolitik war die Aufklärungskampagne zu AIDS einer ihrer Schwerpunkte. Sie startete eine Kampagne zum Gebrauch von Kondomen, erhöhte Mittel für die AIDS-Forschung und lehnte eine Meldepflicht für Erkrankte ab. Ihr war es wichtig, dass die Betroffenen nicht ausgegrenzt werden. Seit 2006 ist sie Ehrenpräsidentin der Deutschen Aids-Stiftung.
Im November 1988 wurde sie zur Präsidentin des deutschen Bundestags gewählt. Bei der durch die Wiedervereinigung notwenigen Neufassung des §218 setzte sie sich für einen „dritten Weg“ zwischen Fristenlösung und Indikationsregelung ein. Sie plädierte für eine Pflichtberatung und eine dreitägige Bedenkzeit zwischen Beratung und Schwangerschaftsabbruch, eine Regelung, die bis heute von Frauenrechtler*innen kritisiert wird und in ihrer Partei als „feministische Schlagseite“ gewertet wurde. Deutschland wurde für diese Regelung mehrfach von der UN-Menschenrechtskommission angemahnt sie einzustellen. Später befürwortete sie die Einführung von RU 486, Mifepriston, im Sinne der Wahlfreiheit für die Betroffenen zwischen medikamentösem und operativem Schwangerschaftsabbruch.
In der Drogenpolitik plädierte sie für Beratung, Zugang zu Ersatzdrogen und Therapieangeboten.
1991 sprach sie sich gegen die von der Bundesregierung geplante Änderung des Grundrechts auf Asyl aus. 2001 übernahm sie den Vorsitz der Zuwanderungskommission, die parteiübergreifende Vorschläge zu Neuregelungen der Ausländerpolitik erarbeiten sollte.
1996 setzte sie sich auf einem CDU-Parteitag für die Einführung einer Frauenquote in ihrer Partei ein.
So gerät sie immer wieder in die Kritik konservativer Kreise ihrer Partei.
Neben zahlreichen Ämtern und Aufgaben war Rita Süssmuth von 1986 bis 2001 Vorsitzende der CDU-Frauenunion. Von 1988 – 2015 amtierte sie als Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbandes e. V., um nur einige wenige zu nennen.
2020 verstarb ihr Ehemann.
Im Februar 2022 wird zum ersten Mal der mit 75 000 Euro dotierte Rita-Süssmuth-Forschungspreis des Landes NRW für exzellente Forschung mit Geschlechterbezug verliehen, der im Turnus von zwei Jahren vergeben wird. „Das Wirken der Namensgeberin charakterisiert sich unter anderem dadurch, dass sie ihre unterschiedlichen beruflichen Stationen in Wissenschaft und Politik mit einem großen Engagement für die Rechte von Frauen verbunden hat.“
Text: Dr. Eva Waldschütz
Quellen:
Dr. Andreas Grau, Konrad-Adenauer-Stiftung – Geschichte der CDU – Rita Süssmuth (kas.de) (Stand: 25.8.2022)
Deutscher Bundestag – Rita Süssmuth: Populäre Seiteneinsteigerin (Stand: 25.8.2022)
Rita Süssmuth – Wikipedia (Stand: 15.4.2022)
Rita Süssmuth-Forschungspreis des Landes Nordrhein-Westfalen | Kultur und Wissenschaft in Nordrhein-Westfalen (mkw.nrw) (Stand: 15.4.2022)
Peter Mösgen, Katholische Universität Eichstätt, 1990: Rita Süssmuth, Biographie und Auswahl-Bibliographie
α-Forum, online-Forum des Bayrischen Rundfunks, Sendung vom 20.02.2001, Prof. Dr. Rita Süssmuth, Bundestagspräsidentin a.D., im Gespräch mit Werner Reuß
Foto Beitrag oben: © Jan Voth
Foto unten: 15.10.18, Prof. Süssmuth, Kristina Hänel, Gießener Rathaus (Privatbesitz)