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Martha Bardach
Martha Bardach wird als zweites Kind des Ehepaars Ella und Leo Bardach am 15.12.1891 in Nizza geboren. Leo Bardach war als Dermatologe in Bad Kreuznach tätig und im Winter als konsultatorischer Arzt an einem Pflegehaus in Nizza oder Monte Carlo1.
Der ältere Bruder Kurt, geb. 3.9.1881 in Bad Kreuznach, ebenfalls Dermatologe, emigrierte bereits im Dezember 1936 in die USA, zusammen mit seiner Frau Minni, Wilhelmine, geb. Freundlich, und den beiden Kindern Lotte Ella (verheiratete Moise) und Henry2.
Martha Bardach studierte gegen den Willen ihrer Eltern Medizin – unter anderem als erste Studentin bei Wilhelm Conrad Röntgen12. 1917 begann sie ihre Doktorarbeit bei Erich Benjamin, der die Leitung der Pädiatrischen Poliklinik der Universitäts-Kinderklinik München übernommen hatte13. Sie untersuchte dazu verschiedene Milchmischungen auf ihre Haltbarkeit und stellte fest, dass es sinnvoller sei, die Bestandteile erst kurz vor Gebrauch zu vermischen, um ein Sauer werden zu verhindern14. 1919 erhielt sie ihre Approbation und setzte 1920 ihre Ausbildung bei Arthur Schlossmann an der Kinderklinik der Städtischen Krankenanstalten Düsseldorf fort15. Schlossmann war sozialfürsorgerisch.., setzte sich schon vor dem Krieg intensiv gegen die hohe Säuglingssterblichkeit ein16. Auch die Geschichte der Medizinischen Akademie in Düsseldorf ist eng mit ihm verbunden. Er engagierte sich nach dem ersten Weltkrieg in besonderem Maße dafür, den Hochschulstandort Düsseldorf auszubauen17.
Nach Abschluss ihrer Ausbildung eröffnete Martha Bardach 1923 in Elberfeld, heute Stadtteil von Wuppertal, in der Königstr. 77, jetzt Friedrich-Ebert-Str., eine Kinderarztpraxis. Ihre Wohnung lag in Fußnähe, Königstr. 10618. Gleichzeitig betreute sie noch das Säuglingsheim Augustinusstift im Ostersiepen 2519.
Die Weltwirtschaftskrise ließ die Arbeitslosenzahlen, auch unter Ärzt*innen, steigen. 1930 wurde ein Leserbrief im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht, in dem Martha Bardach Geschlechterstereotypen und Frauenfeindlichkeit eines Kollegen scharfsinnig aufdeckt und widerlegt. Interessant ist auch, dass sie in diesem Brief eine Reise nach Syrien erwähnt20.
Leserbrief: Die Frauenberufstätigkeit und ihre Wirkung in der Volkswirtschaft
Zu dem gleichbetitelten Aufsatz von San.-Rat Krecker in Nr. 30 d. Bl.
Die Ausführungen des Herrn Sanitätsrats Krecker, daß „die fast uneingeschränkte Erwerbsmöglichkeit für das weibliche Geschlecht dahin führe, daß viele Mädchen sich von Kindheit an ihrem natürlichen Beruf entfremden oder ihn gar verachten“, daß „sie Hausfrauen- und Muttertum als Wirtschaftssklavin und Gebärmaschine auffaßten“, und daß diese Schlagwörter die Auffassung unserer heranwachsenden Mädchen charakterisieren, veranlaßten mich zu einer Umfrage an die Schülerinnen des Oberlyzeums, wie sie die Gestaltung ihrer späteren Zukunft wünschten. Sie sollten mir schriftlich, ohne Namensnennung, diese Frage beantworten; anonym, um Geltungsbedürfnis und Hemmungen auszuschalten, die selbst eine vertrauliche Aussprache beeinflussen. Es handelt sich um 17- bis 20jährige Mädchen, die vor oder in einer Berufsausbildung stehen. (14- bis 16jährige Mädchen darf man wohl in solchen Fragen kaum ernst nehmen, da sie körperlich und geistig noch zu wenig entwickelt sind, als daß sie für eine Diskussion in Betracht kommen.) Es ist selbstverständlich, daß die Schülerinnen vorher von mir in keinerlei Weise beeinflußt worden sind.
Die Antwort fiel im Jahre 1930 genau so aus, wie sie wohl im Jahre 1830 gelautet hätte; denn die Beziehung der Geschlechter ist sachlich zeitlos, und nur das Formale ist Umweltseinflüssen unterworfen. Von 94 Schülerinnen wünschten sich 92 die Ehe und die größte Zahl derselben einen reichen Kindersegen, der freilich der finanziellen Lage des Gatten angepasst sein sollte. Durchschnittlich wurden drei bis vier Kinder gewünscht, in manchen Fällen zwei, aber auch die Zahl sechs war vertreten. Begründet wurden ihre Wünsche durch die typischen, immer wiederkehrenden Worte, „denn ich denke mir nichts Schöneres als für Menschen, die ich lieb habe, zu sorgen“. In diesem Punkte haben die neue Zeit und die mit ihr eingekehrten uneingeschränkten Berufsaussichten keinen Einfluß auf die „naive Ursprünglichkeit des Seelenlebens der jungen Mädchen gehabt, mit der sie früher Ehe und Mutterglück als Krönung ihres Lebens ersehnten“. Eine grundlegende Aenderung hat die Zeit nur insofern geschaffen, als sie alle die Ehe nur dann ersehnen, wenn sie den passenden Lebensgefährten finden sollten. Eine Ehe als Versorgungseinrichtung lehnen sie ab. („Eine Heirat, um versorgt zu sein, würde ich nie eingehen.“ „Ich möchte nur heiraten, wenn ich einen Mann wirklich liebe“, usw.) Die meisten Mädchen geben an, nicht zu früh heiraten zu wollen, etwa mit 22 bis 24 Jahren. Die Zeit bis dahin wollen sie ausfüllen mit der Erlernung eines Berufes, um nicht auf einen „Versorger“ warten zu müssen, oder um im Falle der Not vor oder während der Ehe nicht auf die Hilfe von Verwandten angewiesen zu sein. Ein Teil der Mädchen möchte einen Beruf vor der Ehe einige Jahre ausüben, um sich die Mittel für eine Aussteuer zusammenzusparen. In der Ehe wollen die Mädchen fast ausnahmslos nur dann den Beruf ausüben, wenn die pekuniäre Lage ihres Gatten eine tätige Mithilfe zur Erhaltung der Familie fordert. Falls sie den passenden Lebensgefährten nicht finden, wollen sie ihren Beruf weiter ausüben, sich in diesem fortbilden und eine Stellung erringen, die ihnen eine innere Befriedigung gewährt, „einen Ersatz für das versagte Glück“, die ihnen aber auch pekuniäre Unabhängigkeit bietet, damit sie sich ein behagliches Heim gründen können und sich Theater, Konzerte und Reisen erlauben können.
Dies ist das Resultat meiner Erhebungen, ein krasser Widerspruch zu der Ansicht des Herrn Sanitätsrats Krecker, der glaubt, „das berufstätig erzogene Mädchen fühle sich den Pflichten, die die Ehe und Kindererziehung verlangen, entfremdet“. Ein Mensch, der gelernt hat, gewissenhaft einen Beruf auszuüben, der die ganze Verantwortung eines Berufs getragen hat, ist einem neuen Pflichtenkreis, wie sehr er sich auch von dem früheren unterscheiden mag, weit mehr gewachsen als derjenige, der tändelnd durch das Leben spaziert ist und plötzlich einer Lebensaufgabe gegenübersteht.
Die andere Behauptung des Herrn Sanitätsrats Krecker, „die Ehen geistig gebildeter Frauen werden so häufig zerrüttet und gelöst“, kann ich so rasch statistisch nicht nachprüfen. Jedoch widerlegt mein häufiger Einblick in das Familienleben von Geschäftsfrauen, die fleißig im Betriebe ihres Mannes mitarbeiten und nebenbei vorzügliche Mütter und Hausfrauen sind, widerlegen meine zahlreichen Bekanntschaften mit akademisch gebildeten Frauen, die in harmonischster Ehe leben und ihren Kindern eine gute Erzieherin und Freundin sind, dieses Urteil, sei es, daß sie ihren Beruf aufgegeben haben oder daß sie ihn mit Einverständnis ihres Gatten, ja, sogar auf Wunsch desselben, weiter ausüben. Eine Frau, die die Mühen, Anstrengungen und Unannehmlichkeiten des Berufslebens kennengelernt hat, weiß Ruhebedürfnis, durch Beruf erzeugte Mißstimmungen sachlich zu werten und mit ihrem Verständnis manchen Konflikt aus dem Wege zu gehen, indem sie neue häusliche Unannehmlichkeiten von dem Gatten fernhält.
Herr Sanitätsrat Krecker glaubt, die ehelose Frau suche den anderen das Glück zu verekeln, das ihnen selber versagt blieb, wolle den Hausfrauen- und Mutterberuf herabsetzen, weil ihr die Trauben zu hoch hingen. Es erübrigt sich eigentlich überhaupt auf diesen Vorwurf einzugehen, denn die ledige Frau war es, die zuerst betonte, daß die von den Männern häufig unterbewertete Hausarbeit und Kinderaufzucht ein Beruf sei, jeder anderen Tätigkeit gleichzuwerten. Auch heute steht sie noch auf dem Standpunkt, daß der Beruf einer Hausfrau und Mutter volle Wertung verdient, vorausgesetzt freilich, daß nicht die Hausangestellten die Arbeit ausführen und die gesellschaftliche oder sportliche Betätigung nicht den größten Teil des eigentlichen Arbeitstages einnimmt. Auch Frauen können ebensogut wie „Männer der Wissenschaft objektiv und unabhängig von persönlichen Verhältnissen urteilen“.
Herr Sanitätsrat Krecker sagt: „Durch die Berufsbetätigung der Frau habe sich ein circulus vitiosus in unserem Volksleben entwickelt, der sich zunehmend immer verhängnisvoller auszuwirken droht“. Ich glaube, er verwechselt Ursache und Wirkung. Das Primäre war nicht die berufstätige Frau, die die Ehelosigkeit der anderen Geschlechtsgenossinnen im Gefolge hatte, sondern die ehelose. Ihr Los in früheren Zeiten war, den Geschwistern den Haushalt zu führen, deren Kinder zu hüten, um der Mutter gesellschaftliche Vergnügungen zu ermöglichen. Sie war das nützliche, aber oft auch lästige Haustier, mit weniger Rechten und mehr Pflichten als die Hausangestellten, die unbefriedigte alte Jungfer, die Tante, die „auf dem Sofa saß und übel nahm“, wie es in den „Fliegenden Blättern“ hieß. Die Zielscheibe des Spottes der Umwelt. Der Auslese dieser Frauen standen nur wenige Berufe offen, jene Berufe, die Herr Sanitätsrat Krecker den ledigen Frauen auch heute noch zubilligt. Da die Auswahl unter den Berufsarten klein war, erfolgte die Berufswahl ohne Rücksicht auf Neigungen und Fähigkeiten der betreffenden Frauen. Nicht zum Nutzen des Standes, nicht zum Nutzen der Trägerin der Berufsart. Wir kennen diese freudlosen Gestalten aus unserer Jugend her, die verknöcherte, intolerante, unbeliebte Lehrerin, das freudlose alte Mädchen, das sich weder in seinem Berufe glücklich fühlte, noch sich die von ihr ersehnten Vergnügungen, Theater, Konzerte, Reisen leisten konnte, da sie nicht nur sozial, sondern auch pekuniär der Unterstufe eingereiht war. Die Folge davon: keine besondere Achtung seitens der Familienangehörigen als „arme Verwandte“, in Gefolgschaft davon wieder Neid und Mißgunst den besser gestellten Geschwistern gegenüber, Minderwertigkeitskomplexe, abgelöst von Geltungsstreben, Hader und Streit mit der Familie. Ein zweiter Typ: die Witwe, die nichts gelernt hatte, die, falls der Gatte nicht genügend für sie und seine Nachkommen gesorgt hatte, den Verwandten zur Last fiel oder der öffentlichen Fürsorge, und die weit mehr „das Volksganze belastete, als jemals vorzeitige Erschöpfung der Frau im Wettbewerb mit dem Manne es heute tun“. Und schließlich das dritte Beispiel: die Frau in der unharmonischen Ehe, pekuniär an den Mann gekettet. Unfähig, sich selbst zu ernähren, gab sie auch den Mann nicht frei, wenn dieser nach Lösung der Ehe strebte; ein Leben des Zankes und des Streites, nicht zum Besten des Familienlebens, nicht zum Nutzen der Kindererziehung. Diese Frauenschicksale waren es, die „die Ueberwertung der sozialen Rangordnung eines Berufes gegenüber dem Gefühlswert hervorriefen“. Es war der Wunsch, in einem Milieu zu leben, der ihrem Herkommen und der sozialen Rangordnung der Geschwister entsprach und nicht das Verlangen nach öder Gleichmacherei.
Was nun den Bedarf an gebildeten Frauen für typisch weibliche Berufe betrifft, so ist es Herrn Sanitätsrat Krecker scheinbar unbekannt, daß der Arbeitsmarkt der typischen Frauenberufe die gleiche Ueberfüllung aufweist wie der der juristischen, Verwaltungs- oder allgemein wissenschaftlichen Berufe. Die Hebammen erleiden jährlich mehr Einbuße an ihrer Tätigkeit durch die Abwanderung in die Kliniken. Ihr Stand ist zum Aussterben verurteilt. Die zunehmende Zahl der Fürsorgerinnen erfüllt uns mit Besorgnis, da selbst die intensivste Betreuung eines jeden Menschen von der Wiege bis zur Bahre nicht imstande ist, alle die jungen Mädchen zu beschäftigen, die demnächst ihr Wohlfahrtsexamen bestehen. Jährlich werden aus der meinem Säuglingsheim angegliederten Säuglingspflegeschule nach wohlbestandenem Examen Schwestern entlassen, die keine Stellung finden. Lehrerinnen werden abgebaut. Wo bleibt da der Bedarf? Und Diakonissin? Schließlich gehört dazu eine Weltanschauung, die sich ein junges Mädchen nicht plötzlich aneignen kann, derweil sie ledig blieb.
Den Frauen, die ehelos sind, sollen die Berufe erhalten bleiben, „die der weiblichen Eigenart angepaßt sind“. Betätigen sich nicht viele Männer in den Berufen, die dem Gefühlswert nach der Frau entsprechen (Seelsorger, Arzt, Mädchenschullehrer), oder arbeiten sie nicht in den Berufsarten, die ursprünglich bestimmt nicht der Wesensart des Mannes eigen waren und auf denen die femininen Interessen sich auszuwirken pflegen. (Koch, Konditor, Damenschneider, Friseur, Modekünstler usw.), ohne daß die Frau ihre Prioritätsansprüche dem Manne gegenüber im Konkurrenzkampf geltend zu machen sucht und ohne daß sie ihm das Recht absprechen will, diese Berufe zu wählen. So „leichtfertig“ urteilt die Frau doch nicht; sie kann objektiv bleiben, selbst wenn es sich um den Kampf ums Dasein handelt.
Will Herr Sanitätsrat Krecker den circulus vitiosus lösen, der das Wirtschaftsleben unseres Landes so ungünstig beeinflußt, so muß er nicht an dem zweiten Glied der Kette, den Frauenberufen, anfangen, sondern an dem ersten Glied, dem Manne selbst. Wieviel ehelose Männer gibt es, die pekuniär in der Lage wären, einen Hausstand zu gründen und doch spät oder gar nicht heiraten, weil ihnen die Neigung dazu fehlt. Die gleiche steuerliche Belastung der männlichen und weiblichen Ledigen ist eine Gesetzgebung, männlichem Denken entsprungen.
Berufsausbildung kostet Geld. Wenn die Frau heiratet, ist das Kapital verloren, daher verschwendet. Man sollte lieber die zur Berufsausbildung verwandte Geldsumme für eine Aussteuer zurücklegen. Das war etwa der Sinn der Ausführungen des Herrn Sanitätsrat Krecker bezüglich der Berufsausbildung der jungen Mädchen. Also möglichst geringe Kosten für die Bildung und möglichst viel gespart für die Mitgift und Ausstattung. Krieg, Inflation und Deflation sollten uns eines Besseren belehrt haben. Haben wir nicht zur Genüge erfahren, daß das einzige Gut, das viele Menschen aus dem Zusammenbruch retten konnten, Wissen, Kenntnisse und Fähigkeiten waren, mit deren Hilfe sie Verlorenes wiedererwarben? Was ist aus den Frauen geworden, die nach ihrem Vermögensverlust nicht imstande waren, sich eine Existenz zu gründen? Kleinrentnerinnen, die heute der sozialen Fürsorge zur Last fallen. Auch heute kann man es nicht verantworten, einem Mädchen leichtfertig zu raten: „Du brauchst nichts zu lernen, für dich ist gesorgt“. Wie lange noch? Soll sie dann erst mit der Berufsausbildung anfangen, wenn Ehelosigkeit oder Verlust ihres Gatten sie zur Erwerbstätigkeit zwingen? Dann freilich ist es zu spät.
Was nun die Körperschädigung der berufstätigen Frau betrifft, so findet diese Frage erhöhte Beachtung, seitdem die sozial höhergestellten Berufe dem weiblichen Geschlecht erschlossen sind. Dabei sind die Berufsarten, die der weiblichen Eigenart entsprechen sollen und die seit Jahrhunderten mit voller Duldung des Mannes ausgeübt werden, zum Teil viel verhängnisvoller für den weiblichen Organismus als die Betätigung auf den Gebieten, die bisher dem Manne reserviert waren. Der Beruf einer Krankenpflegerin oder Fürsorgerin stellt nicht geringere Anforderungen an die Gesundheit der Frau als der der Aerztin, die Arbeit der Verkäuferin, die den ganzen Tag sich nicht setzen darf, ist körperlich anstrengender als der der Kontoristin, eine Putzfrau, die stundenlang schrubben muß, ist größeren körperlichen Schädigungen ausgesetzt als die Verwaltungsbeamtin, deren Kontor sie reinigen muß. Und doch reserviert der Mann gerade diese aufreibenden Arbeiten den schwachen Kräften der Frau. In Syrien sah ich häufig folgendes Bild: Eine mit Lasten schwer beladene Frau zieht in der glühenden Sonne hinter sich einen Esel her, auf dem faul der Ehegatte hockt. Nachdem ich die Forderungen des Herrn Sanitätsrat Krecker gelesen habe: „Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sollte der Anspruch des Mannes als dessen, der zur Gründung und Erhaltung einer Familie berufen ist, vor dem der Frau als vorberechtigt anerkannt werden“, zum endlichen Nutzen der Frau, verstehe ich plötzlich das scheinbar unritterliche Verhalten des Arabers: Er läßt sein Weib bepackt im glühenden Wüstensand den Esel hinter sich herziehen aus Besorgnis für ihr Wohlergehen. Denn das Reiten ist schließlich physiologisch und psychologisch dem Wesen der Frau nicht angepaßt und könnte vielleicht verfehlt oder gar verhängnisvoll für ihren Körper sein.
Dr. Martha Bardach (Elberfeld)
Hinweis:
Die Wortwahl reflektiert den Sprachgebrauch der damaligen Zeit, nicht der Verfasserin. Der Inhalt stellt keine Meinungsäußerung der Wupperfrauen e.V. dar.
1931 heiratete sie den Kollegen Wilhelm Stützel. Nachdem sie ihre Kassenzulassung 1933 aufgrund ihrer jüdischen Abstammung verloren hatte, zog sie mit ihrem Mann nach Heidelberg zu den Großeltern. Passagierlisten zeigen, dass die beiden im August 1936 auf dem Schiff Columbus von Bremen in die USA reisten. Am 15. Oktober 1939 emigrierte Martha Bardach/Stützel dann alleine, 47-jährig, auf dem Schiff Rotterdam in die USA. Zwei Tage später wurde die Scheidung rechtskräftig. Den Nachnamen Stützel/Stutzel behielt sie.

Zunächst arbeitete und wohnte sie in Olney/ Maryland am Montgomery General Hospital, was eine Volkszählung von 1940 dokumentiert. Sie erwarb die Zulassung als Ärztin und bildete sich in Psychiatrie am Springfield State Hospital in Maryland fort. Im Januar 1943 wechselte sie an das Northampton State Hospital in Massachusetts.
1945 erhielt sie die amerikanische Staatsbürgerschaft.
Später arbeitete sie am Home for Incurables in der New Yorker Bronx, das im November 1947 in St. Barnabas umbenannt wurde21. Diese Klinik leitete sie bis zu ihrem Ruhestand 1964 als eine der wenigen, wenn nicht einzige Frau als ärztliche Direktorin in New York. Zusammen mit einem Kollegen veröffentlichte sie 1961 einen vorläufigen Bericht über die Anwendung eines Gesundheitsfragebogens mit für Laien verständlichen Fragen zur Erfassung von Hauterkrankungen bei geriatrischen Patient*innen22.
Am 12.3.1988 verstarb sie mit 97 Jahren in Flushing/New York.
Text: Eva Waldschütz (5.7.2025)
Verortung im Stadtplan:
Quellen:
1 Dr. Paul Börner, Hrsg. Eulenburg und Schwalbe, Reichs-Medicinal-Kalender für Deutschland auf das Jahr 1898, Theil II, Leipzig, Georg Thieme Verlag, 1898, S. 255
2 Kerstin Griese, Wolfgang Woelk, Hrsg. Düwell, Genger, Griese, Wiesemann, Jüdische Ärztinnen und Ärzte in Düsseldorf und in der Emigration, in: Vertreibung jüdischer Künstler und Wissenschaftler aus Düsseldorf 1933 – 1945, Düsseldorf, Droste Verlag, 1998, S. 191-192
3 Eduard Seidler: Jüdische Kinderärzte 1933-1945. Entrechtet, Geflohen, Ermordet, erweiterte Neuauflage, Freiburg, Karger Verlag, 2007, S. 10
4 ebenda, S. 11
5 ebenda, S, 14
6 ebenda, S. 14
7 ebenda, S. 15
8 ebenda, S. 21
9 ebenda, S. 23
10 ebenda, S. 27
11 ebenda, S. 28
12 Jocelyne Naujoks: Ärztin und Jüdin: Ausstellung im Haus der Ärzteschaft erinnert an NS-Opfer, Rheinisches Ärzteblatt 5/2016, S. 17
13 Susanne Oechsle: Erich Benjamin (1880-1943), Leben und Werk eines jüdischen Wissenschaftlers und Kinderarztes, Münster, LIT Verlag, 2006, S. 71-72
14 Martha Bardach: Methodisches zur Herstellung von Milchmischungen (Experimentelle Untersuchungen), Zeitschrift für Kinderheilkunde, Berlin, Springer Verlag, 1918, 18 S. 36-56
15 Seidler, S. 301
16 Beate Waigand: Antisemitismus auf Abruf, Das Deutsche Ärzteblatt und die jüdischen Mediziner 1919-1933, Medizingeschichte im Kontext Bd. 7, Frankfurt a.M., Peter Lang GmbH, 2001, S. 205
17 Wolfgang Woelk, Frank Sparing, Kerstin Griese, Michael G. Esch: Die Medizinische Akademie Düsseldorf im Nationalsozialismus, Hrsg. Michael Esch, Düsseldorfer Schriften zur Neueren Landesgeschichte und zur Geschichte Nordrhein-Westfalens; Bd. 47, Essen, Klartext-Verlag, 1997, S.15
18 Auskunft Stadtarchiv Wuppertal
19 Plakat_Augustinus_NEU, Zugriff 7.6.2025
20 Dr. Martha Bardach (Elberfeld), Die Frauenberufstätigkeit und ihre Wirkung in der Volkswirtschaft. Zu dem gleichbetitelten Aufsatz von San.-Rat. Krecker in Nr. 30 d. Bl., in: DÄB, Nr. 59, Berlin, Reichsgesundheitsverlag, 1930, Nr. 33, S. 422-424
21 https://www.nycago.org/Organs/Brx/html/StBarnabasHosp.html, Zugriff 8.6.2025
22 A.W. Young Jr., Martha Stutzel-Bardach: The comprehensive dermatogeriatric index: health questionnaire. (Preliminary report), J Am Geriatr Soc 1961 Sep:9:779-85