Foto: © Dr. Klaus Harms
Dr. Susanne Hausammann
Susanne (Susi Renate) Hausammann wurde am 2. März 1931 in Zürich geboren. Ihr Vater war Steuerberater und Buchhalter, ihre Mutter war Hausfrau. Ihre Schulzeit verbrachte sie in Wallisellen bei Zürich. 1952 begann sie als Referendarin („Vikarin“ heißt es in der Schweiz) Grundschulunterricht zu erteilen. Mit gerade Anfang 20 war es für sie noch zu früh, schon in das volle berufliche Leben einzusteigen. Zudem beschäftigte sie die „Frage nach der Existenz Gottes“.1 Daher wollte sie weiter studieren und entschied sich nun für die Theologie. Zürich, Bern und Bonn wurden ihre Studienorte. So kam sie nach Deutschland, arbeitete lange Zeit als Assistentin in Göttingen, in Bonn und später in Erlangen. Nach ihrer Promotion über Heinrich Bullinger begann sie an ihrer Habilitationsschrift zu arbeiten. 1974 erschien sie im Theologischen Verlag Zürich als theologiegeschichtliche Studie zu einer Theologie der Buße.2 Bereits 1970 hatte sie den Ruf an die Kirchliche Hochschule Wuppertal erhalten. Ein Jahr später trat sie dort ihren Dienst an. 22 Jahre lang lehrte sie künftige Pfarrerinnen und Pfarrer, Religionspädagogen und Religionspädagoginnen im Fach Kirchengeschichte mit den Schwerpunkten Alte Kirche, Mittelalter und Reformation. Darüber hinaus leitete sie die Hochschule dreimal als Rektorin.
Das Verstehen der Alten Kirche mit den ihr eigenen theologischen Fragestellungen beschäftigte Susanne Hausammann in der Vorbereitung der Vorlesungen und Seminare. Im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit kam sie in Kontakt mit orthodoxen Theologen. Diese Begegnungen halfen ihr, einen neuen Zugang zur Theologie der Alten Kirche zu finden. In Düsseldorf-Bilk kam sie in Kontakt mit einer deutschsprachigen orthodoxen Gemeinde und begann dort die Gottesdienste mitzufeiern. Ein wichtiger Gesprächspartner wurde nun Erzpriester Sergius Heitz, der diese Gemeinde leitete.
Zusammen mit ihm arbeitete Susanne Hausammann u.a. an dem ersten vollständigen orthodoxen Gottesdienstbuch in deutscher Sprache. In diesen Texten zeige sich, wie die einzelnen Gottesdienste „Gebet gewordener Glaube sind, erfüllt von anbetender Hingabe an die Geheimnisse des Heils, die Gott unter uns gewirkt hat“3, schrieb Josef Kardinal Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., in seinem Geleitwort. Ein Glaube, der zum Gebet wird, das ist wohl die Schlüsselerfahrung, die Susanne Hausamman in der Begegnung mit der Orthodoxie erfahren hat.
Seit ihrer Emeritierung 1993 verlebte sie immer wieder einige Wochen des Jahres in dem Serbisch-Orthodoxen Kloster des Hl. Spyridon in Geilnau/Lahn, wo sie an den Gebetszeiten und an den Liturgien teilnahm und nach dem Tod von Sergius Heitz in Abt Basilius Grolimund einen zweiten wichtigen und langjährigen orthodoxen Gesprächspartner fand.
Doch in Geilnau fehlte ihr eine erreichbare theologische Bibliothek. So wurde die kleine Wohnung in ihrem Elternhaus in Wallisellen der Hauptort ihres theologischen Arbeitens. In der theologischen Bibliothek der Universität in Zürich fand sie die nötige Fachliteratur. Besonders dankbar war sie den Mitarbeiterinnen der Bibliothek der Kirchlichen Hochschule Wuppertal, die sie vor allem in ihrer letzten Schaffensperiode mit Literatur versorgt haben, als der Weg nach Zürich für sie zu beschwerlich geworden war. Rund vierzehn, zum Teil recht umfangreiche Publikationen entstanden in den 28 Jahren ihres Ruhestandes, darunter die fünfbändige Kirchengeschichte „Alte Kirche. Zur Geschichte und Theologie in den ersten vier Jahrhunderten“ im Neukirchener Verlag. Mit großer Akribie studierte sie die Originalquellen und übersetzte die alten Texte der Kirchenväter, eine mühevolle Arbeit. Aber sie kam dabei immer wieder zu ganz neuen Erkenntnissen und Einsichten, von denen sie gerne erzählte. So fand sie schnell zu neuen theologischen Fragestellungen, kaum dass eine Publikation fertig geworden war und saß bald an ihrem nächsten Buchprojekt.
Vor allem der frühen Zeit des Christentums, der Alten Kirche, galt ihr besonderes Interesse. Durch ihre Publikationen hat sie versucht, die unterschiedlichen Vorstellungen von Gott und Glauben zusammen zu bringen, Brücken zu bauen zwischen dem Verständnis der Kirchen des Ostens und des Westens. „Gott ist anders“, so der Titel eines Buches von 2016. Ihr scheint es, „unsere Gottesbilder seien weithin Wunschbilder einer unter den Unwegsamkeiten des Lebens leidenden Menschheit“4, so schreibt sie im Vorwort.
Mit ihrer letzten Veröffentlichung, der Neuauflage des ersten Bandes ihrer fünfbändigen Kirchengeschichte, nimmt sie Bezug auf die Zuwanderung von geflüchteten Menschen in den letzten Jahren: Angesichts der vielen zugewanderten Christen aus den östlichen Kirchen und „um zu einem guten Miteinander unter Christen zu finden“5, sei „es unerlässlich zu verstehen, was den uns fremden, anders sozialisierten Christen in ihrem Glauben wichtig ist, auch wenn dabei Fremdheit und Distanz weithin bestehen bleiben“6. Entscheidend war für Susanne Hausammann das Verstehen der anderen und die Bereitschaft, Unterschiede zu respektieren und gelten zu lassen.
Zeit ihres Lebens zeigte sie eine bemerkenswerte Arbeitsdisziplin, gepaart mit einer freundlichen Bescheidenheit und Zurückhaltung. Im Gespräch hörte sie in der Regel lange zu und war zurückhaltend mit Bewertungen und Urteilen. Sie selbst verstand sich eher als „Lernende“. Daher verzichtete sie darauf, ihr Gegenüber belehren zu wollen, sofern es nicht darum ging, einen theologischen Sachverhalt richtig zu stellen.
Text: Dr. Christian Hohmann (Stand: 31.07.2025)
Zum Weiterlesen: Nachruf der Kirchlichen Hochschule Wuppertal:
https://kiho-wuppertal.de/nachruf-auf-die-kirchengeschichtlerin-prof-dr-susanne-hausammann/
Buchtitel Dr. Susanne Hausammann | Foto: © Dr. Christian Hohmann
Verortung im Stadtplan: Missionsstraße 13, 42285 Wuppertal
Quellen:
1 Vgl. den von Susanne Hausammann selbst verfassten Beitrag zu ihrer Person zum Theologinnenlexikon. Er liegt mir nur als Kopie vor.
2 Susi Hausamman, Buße als Umkehr und Erneuerung von Mensch und Gesellschaft. Eine theologiegeschicht-liche Studie zu einer Theologie der Buße, Theologischer Verlag Zürich,1975.
3 Mysterium der Anbetung, Göttliche Liturgie und Stundengebet der Orthodoxen Kirche, hg. von Erzpriester Sergius Heitz, übers. und bearb. von Susanne Hausammann und Sergius Heitz, Düsseldorf/Köln 1986, S. XVII.
4 Susanne Hausammann, Gott ist anders. Gottesbild und Menschenbild im Feiern und Fasten des orthodox-byzantinischen Kirchenjahres, Wachtendonk 2016, S.9.
5 Susanne Hausammann, Alte Kirche. Christlicher Glaube in den ersten drei Jahrhunderten, Band 1: „Apostolische Väter“, „Frühchristliche Häresien“, „Apologeten“, zweite gekürzte Aufl., Wachtendonk 2020; S. 6.
6 Ebd.