Foto: Mit freundl. Genehmigung Adelheid Herbst.
Stadt Sprockhövel (Hrsg.): Ursula von Reibnitz 1915-1970, Stationen eines Lebens – „Stark und eigenwillig“ Sprockhövel 2000.
(Broschüre zur Ausstellung vom 12 – 24. November 2000 in der Sparkasse Sprockhövel)
Ursula von Reibnitz 1915-1990
In Berlin geboren und aufgewachsen, besuchte Freifrau Ursula von Reibnitz von 1931 bis 1933 als Stipendiatin die renommierte Max-Reinhardt-Schauspielschule. Unter anderem spielte sie unter der Regie des späteren Hollywood-Regisseurs Otto Preminger. Ihr erstes Engagement erhielt sie in Osnabrück und heiratete den Schauspielerkollegen Rudolf Birkemeier. Es folgten Engagements in Ulm, Mainz und Darmstadt. Von Reibnitz spielte in dieser Zeit bereits viele große Rollen der Weltliteratur; u.a. die Penthesilea, Maria Stuart, die Antigone, die Königin in „Don Carlos“, die Katharina in „Der Widerspenstigen Zähmung“ und unter Hans Schallas Regie als Partnerin von Martin Held in „Dame Kobold“.
Von 1941 bis 1943 spielte Ursula von Reibnitz in Essen und unterrichtete als Schauspiellehrerin an der dortigen Folkwang-Schule, anschließend spielte sie bis zur Theaterschließung 1944 in Straßburg. Als Rote-Kreuz-Schwester geriet sie in französische, später in amerikanische Kriegsgefangenschaft.
Ihr erstes Engagement nach dem Krieg erhielt Ursula von Reibnitz 1946 in Heidelberg. Ihre erste Rolle dort war die „Mutter Gibbs“ in Thornton Wilders „Unsere kleine Stadt“. Von Reibnitz reiste in den nächsten Jahren durch große Teile Deutschlands und veranstaltete Rezitationsabende, u.a. mit Goethes „Hermann und Dorothea“.
Die 1950er Jahre waren für Ursula von Reibnitz die künstlerisch wichtigsten und ereignisreichsten Jahre. Als freie Schauspielerin spielte sie an verschiedenen Bühnen, im Schauspielhaus Bochum unter Hans Schalla u.a. mit Hannes Messemer und Martin Held. Hier verkörperte sie zum ersten Mal die Mutter Courage und trat in Stücken von Strindberg und Ibsen auf. Gastengagements führten sie nach München (Kammerspiele), Stuttgart (Staatstheater), zu den Ruhrfestspielen nach Recklinghausen und zu den Bühnen Köln, Essen und Wuppertal.
Ab 1953 übernahm Ursula von Reibnitz auch Fernsehrollen, unter anderem spielt sie mit Volker Lechtenbrink und Sabine Sinjen in der Sendung „Man kann nie wissen“ und wirkte in einigen Paul-Temple-Hörfunk-Krimis mit. In den 1980 bis 1984 spielte sie in mehreren TV-Inszenierungen überwiegend unter der Regie von Berengar Pfahl.
Mit dem renommierten Regisseur und Brecht-Schüler Peter Palitzsch gestaltete sie allein 16 Theaterinszenierungen. Von Reibnitz spielt nicht nur Brecht, sondern auch Shakespeare (als Lady Macbeth) und Schiller (als Elisabeth in Maria Stuart). Legendär wurde jedoch ihre Mutter Courage, mit der sie auch in Amsterdam und Florenz auftrat. Diese Rolle spielte sie in sechs verschiedenen Inszenierungen wohl an die dreihundert Mal in Bochum, Köln, Dortmund, Bielefeld, Bremen und Wuppertal.
1965 verpflichtete der Wuppertaler Generalintendant Arno Wüstenhöfer Ursula von Reibnitz an das Wuppertaler Schauspielhaus, mit dem sie nun fest verbunden blieb. 1967 nahm sie ihren Wohnsitz in Gennebreck-Schee (heute Sprockhövel), Elberfelder Str. 46, wo sie bis zu ihrem Tode lebte. Von Reibnitz spielte die Klassiker ebenso gern wie die modernen Autoren, am liebsten die mutigen, die ihrem eigenen kämpferisch-unbequemen Charakter entsprachen.
Anlässlich ihres 70. Geburtstages wurde von Reibnitz mit dem Eduard-von-der-Heydt-Preis der Stadt Wuppertal geehrt, dessen Geldwert (10.000 DM) sie jedoch aufgrund ihrer Auseinandersetzungen mit der Stadt Wuppertal zurückgab.
Ursula von Reibnitz hat sich als engagierte Bürgerin auch aktiv für die Belange ihrer Heimatgemeinde eingesetzt. Sie, die weitgereiste Städterin, empfand zu ihrer neuen Heimat Sprockhövel-Gennebreck eine starke Bindung und ihr ländlicher Wohnsitz kam ihrer ausgeprägten Naturliebe sehr entgegen. Ihre letzte Ruhestätte fand sie auf dem Herzkamper Friedhof.
Text: Karin Hockamp, Stadtarchiv Sprockhövel, September 2006
Quellen:
Quelle: Stadt Sprockhövel (Hrsg.): Ursula von Reibnitz 1915-1970, Stationen eines Lebens – „Stark und eigenwillig“ Sprockhövel 2000. (Broschüre zur Ausstellung vom 12 – 24. November 2000 in der Sparkasse Sprockhövel)
Fotos: © Adelheid Herbst.